Nachdem gestern eine Knochenmarkspunktion bei mir durchgeführt wurde gab´s heute die ersten Ergebnisse. Wichtig war dabei auch die genetische Diagnostik der Leukämiezellen.

Hoffnung

Nach den Infos die ich heute bekommen habe, handelt es sich bei mir um eine Mutation im NPM1 Gen. Diese Mutation geht einher mit einer relativ guten Langzeit-Überlebenswahrscheinlichkeit. Die Chemotherapie hat auch gut angeschlagen und meine Ärztin drückte sich so aus: „optimales Blastenclearing“ (Blasten sind die bösen Zellen).

Damit ist die Krankheit natürlich noch nicht ausgestanden, aber ich bin auf einem guten Weg. Als nächstes muss sich nun mein Immunsystem wieder soweit aufbauen, dass es aus eigener Kraft mit Infektionen fertig werden kann. Dies dauert aber mehrere Wochen in denen ich noch sehr anfällig bin und ständig überwacht werden muss.

Also bitte denkt weiter an mich und sendet mir gute Gedanken und positive Energie!

Die nicht ganz so lustige Welt der Bakterien und Pilze

Ein Mensch, dessen Immunsystem praktisch ausgeschaltet ist, bietet einen idealen Siedlungsraum für allerlei Lebensformen. Besonders zu schaffen machen einem dabei Bakterien und Pilze. Sicher könnten auch ein- und vielzellige Parasiten sich die Situation zu Nutzen machen, diese scheinen den Ärzten aber weniger Sorgen zu machen.

Bakterien

Allgegenwärtig, vor allem im Krankenhaus sind natürlich die Bakterien. Sie besiedeln praktisch sofort jede Fläche und dabei bevorzugen sie feuchtwarme Umweltbedingungen. Diese finden Sie natürlich im menschlichen Körper. Glänzt das Immunsystem durch Abwesenheit, bleibt nur die massive Gabe von Antibiotika um dieser Besiedelung Einhalt zu gebieten. Das klappt mal besser und mal schlechter. Da man auch selten weiss, welche Bakterien da am Werk sind, werden die eingesetzten Antibiotika häufig gewechselt – ein Schuss ins Blaue, irgendwas wird man schon treffen.

Pilze

Gegen Pilze, die auch gerne alles besiedeln, sind die eingesetzten Medikamente noch härter. Über die Nebenwirkungen spricht man nicht gerne. Gegen ebenso ein Pilzmedikament erfuhr ich heute zum ersten Mal eine heftige Reaktion. Kaum war die Infusion angehängt wurde mir sehr heiß und es setzte ein Gefühl von Atemnot ein. Nachdem die Infusion dann gleich wieder gestoppt wurde verschwanden auch die Symptome wieder, nur das Hitzegefühl blieb noch einige Zeit.

Dabei ist nichtmal klar ob sich überhaupt Pilze in mir angesiedelt haben, die Behandlung erfolgt also mehr prophylaktisch.

Nach vorläufigem Ende der Chemotherapie erhole ich mich langsam. Auch wenn ich gefühlt ganz gut durch die Therapie kam, also keine ausgeprägte Übelkeit oder andere Nebenwirkungen hatte, braucht mein Körper jetzt ganz viel Ruhe und Erholung.

Am Wochenende blieb ich daher meist im Bett und hörte ein Hörbuch. Heute fühle ich mich dagegen schon wieder merklich besser, laufe zu meinen Untersuchungen, steige etwas Treppen und sitze wieder mehr am Tisch anstatt zu liegen.

Trotz der langsam einsetzenden Erholung liegt mein Immunsystem natürlich weiterhin am Boden und ich muss jederzeit mit Infektionen und Fieber rechnen. Vorbeugend bekomme ich dagegen einen Cocktail aus Antibiotika und Antimykotika, was ich zum Glück bisher ebenfalls recht gut vertrage. Trotzdem kam es schon in zwei Nächten zu Fieber was dann immer gleich zusätzliche Blutabnahmen und Umstellung der Medikation nach sich zog.

Natürlich sind dies dann beunruhigende Situationen, laut Ärzten und Pflegekräften aber unter meiner Therapie völlig normal und zu erwarten.

Wer mich schon länger kennt, weiss, dass ich früher ein ganz großer Fan von Fast Food war. Burger, Tacos, Pizza, Pommes – ja, ich liebte es. Vor einigen Jahren begann ich zusammen mit meiner Familie aber immer bewusster und „gesünder“ zu Essen, auch da wir überzeugt sind, dass zwischen Ernährung und Krankheit bzw. Gesundheit ein enger Zusammenhang besteht.

Da mir die Massentierhaltung und der Umgang mit unseren Mit-Kreaturen ein Graus ist, habe ich weitgehend auf den Genuss von Fleisch verzichtet und kochte zunehmend gerne vegan. Veganismus ist für mich eine sehr positive Art der Lebensführung mit weitreichenden Vorteilen für die eigene Gesundheit als auch für unsere Umwelt. Der weltweit zunehmende Fleischkonsum ist ein sehr ernstzunehmender Faktor bei der globalen Erwärmung; einerseits werden riesige Flächen Regenwald abgeholzt um den steigenden Sojabedarf der Fleischproduktion zu decken, andererseits werden bei der Aufzucht der „Nutztiere“ ungeheure Mengen an Treibhausgasen erzeugt und Unmengen Wasser verbraucht.

Ernährung und Krankheit

Und so dachte ich alles richtig zu machen, für die Umwelt und für meine Gesundheit. Und dann plötzlich diese Diagnose. Natürlich stelle ich mir die Frage nach Zusammenhängen – warum gerade jetzt, ich lebe so gesund wie nie zuvor und genau jetzt erwischt es mich? Was soll das? War alles falsch?

Nein, daran möchte ich nicht glauben. Ich muss akzeptieren, dass ich den Auslöser meiner Leukämie niemals kennen werde. Ich kann es Schicksal oder Zufall nennen, aber ich muss damit umgehen so wie es eben ist.

Ernährung im Krankenhaus

Eine Ernährung wie ich sie mir für meine Heilung vorstelle ist hier nicht zu bekommen. Mein Körper braucht Proteine. Die üblichen Proteinquellen wie Hülsenfrüchte und Soja stehen hier nicht wirklich zur Verfügung. Ein veganes Gericht präsentiert sich hier im Krankenhaus als Haufen zur Unkenntlichkeit verkochten Gemüses, Proteinanteil 0%.

Ich muss mich anpassen. Lasse mir viel Gutes hierher mitbringen und Esse auch in geringen Mengen wieder Fleisch (auch wenn mir frische Falafel viel lieber wären, ist aber nicht praktikabel). Ganz wunderbar schmecken mir im Moment Lassis, die indischen Jogurtdrinks.

Im Moment muss ich meinem Körper geben was er braucht. Dies muss ich unter den hier gebotenen Rahmenbedingungen tun. Dabei stehen im Moment meine Prinzipien ganz klar hinter meiner Gesundheit zurück.

 

Im Zusammenhang mit meiner laufenden Therapie möchte ich heute auf das Thema Blutspenden eingehen. Warum denn Blutspenden, bei Leukämie braucht man doch Stammzellen- oder Knochenmarkspenden? Sicher, auch das ist richtig. Aber bis es zu dazu kommen kann, muss der Patient erstmal eine Phase heftiger Chemotherapie durchlaufen, mit dem Ziel die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) weitgehend zu eliminieren. Dieser Prozess beeinträchtigt massiv die gesamte Blutbildung. Ohne Spendenblut, vor allem in Form von Blutplättchen und „rotem Blut“ wäre diese Therapie nicht durchführbar.

Vor meiner Behandlung dachte ich, Spendenblut würde vor allem in Operationen und natürlich nach Unfällen benötigt, dass Blutspenden auch im Bereich der Chemotherapie so wichtig sind, war mir nicht bewusst.

Also denkt bitte alle mal wieder über eine Blutspende nach! Tut nicht weh, dauert nicht lange und ist vielen Menschen eine große Hilfe!

Heute bekomme ich die letzte Dosis der Chemotherapie. Leider hatte ich die Therapie in den letzten beiden Tagen nicht so gut vertragen, was natürlich auch daran liegt, dass ich im Moment über praktisch kein Immunsystem verfüge. Eine schlaflose Nacht mit Fieber hatte mich dann ganz schön mitgenommen und für einen weiteren Tag konnte ich das Bett nicht verlassen.

Heute geht´s mir schon wieder deutlich besser.

So eine Chemotherapie ist wirklich etwas ganz Brutales. Der Körper wird mit einem Gift geflutet, welches sich schnell teilende Zellen stärker angreift als andere Zeltformen. Nun teilen sich aber nicht nur Krebszellen schnell, auch andere Zelttypen im Körper wie Schleimhautzellen, werden massiv angegriffen und sterben ab. Dadurch entstehen dann häufig unangenehme Folgeerkrankungen.

Wie der Bergriff Chemotherapie auch andeutet, wird hier eine relativ einfache Chemikalie eingesetzt. Diese Art der Therapie ist leider in vielen Fällen das Beste was unsere Medizin zu bieten hat. Wir sind hier noch weit entfernt von gezielten Angriffen auf Tumorzellen und individuell angepassten Heilverfahren.

Die medizinische Forschung geht hier sicherlich in die richtige Richtung. Ob und wann hier mit deutlichen Fortschritten zu rechnen ist kann ich leider nicht einschätzen.

Ausserdem muss ich mich wohl auf die aktuell verfügbaren Therapien verlassen.

Nach einigen Tagen im stickigen Krankenzimmer kann man schon fast den Duft der frischen Luft vergessen. Umso schöner, wenn sich dann die Lungen mit einem tiefen Atemzug davon füllen!

Ich bekomme seit heute die zweite Phase der Chemotherapie, fühle mich aber bisher noch so gut, dass ich am Nachmittag einen längeren Spaziergang im Park unternommen habe.

Natürlich muss ich mit meinem stark geschädigten Immunsystem aufpassen mir keine Infektion einzufangen, aber ich glaube was Keimarmut angeht, hat der Park gegenüber dem Krankenzimmer die Nase ganz weit vorn.

Auch heute habe ich wieder viele Nachrichten über die verschiedenen Kanäle bekommen; es hilft mir wirklich sehr zu wissen, wie viele Liebe Menschen an mich denken. Danke!

 

Es hat wohl zu etwas Verwirrung gesorgt, dass Kommentare auf dem Blog nicht sofort erscheinen. Dies ist so gewollt, da sich der Blog andernfalls ganz schnell mit Kommentarspam füllen würde. Sobald Ihr einmal einen Kommentar geschrieben habt und dieser freigegeben wurde, werden weitere Kommentare von der selben E-Mail Adresse sofort freigegeben.

 

Das Wochenende im Krankenhaus geht zu Ende. Ich beobachte wie die Zeit vergeht und versuche möglichst wenig über meine Situation, die Gründe für die Krankheit und meine Chancen auf Heilung nachzudenken. All diese Gedanken würden mir jetzt ohnehin nichts bringen.
Ich muss akzeptieren, dass ich nie erfahren werde wodurch die Krankheit ausgelöst wurde. Also wozu darüber nachdenken?
Ich muss akzeptieren, dass ich keine Chancen berechnen kann; und selbst wenn ich dies könnte ich mich doch an die kleinste Chance des Überlebens klammern würde.
Ich muss akzeptieren, dass ich mich in Geduld üben, der Therapie die nötige Zeit geben und meinen Ärzten vertrauen muss.

Ich muss sehr viel akzeptieren – und genau das war bisher nicht unbedingt meine Stärke.
Die Krankheit ist eine Prüfung an der ich wachsen muss. Es gibt keinen Ausweg, keine Abkürzung – ich muss und werde es durchstehen.

Foto am 17.04.16 um 19.10

Ein Krankenbesuch bei einem schwer kranken Menschen wie ich dies zur Zeit bin, ist nicht leicht. Sowohl für den Besuchten als auch für die Besuchenden.

Beim Krankenbesuch werden die Besucher mit der unangenehmen Realität einer Welt konfrontiert, die normalerweise im Alltag wenig Sichtbarkeit erfährt, allen Arzt und Krankenhausserien zum Trotz. Der Alltag im Krankenhaus ist trostlos, dies wird dem Besucher sofort offenbar. Die ganze Atmosphäre ist bedrückend, die Gerüche ungewohnt bis unangenehm. Ein Ort, den man reflexartig wieder verlassen möchte.

Aber auch für mich als Patientin, die sich primär über jeden Besuch freut, hat der Krankenbesuch doch auch eine zweite Seite. Niemals zuvor in meinem Leben musste ich mich vor Familie und Freunden so verletzlich zeigen. Ich bin jetzt die Schwache, Hilfsbedürftige. Eine Rolle, die ich so bisher nicht kannte und in der ich hoffte mich nie wiederzufinden.

Jetzt bin ich aber hier und stelle mich auf eine zumindest mehrwöchige Behandlung ein.

Und ich sage uneingeschränkt: Wer mich besuchen will ist mir herzlichst willkommen. Jeder Kontakt gibt mir Kraft und hilft mir dies durchzustehen.