Denkpause


seit dem Ende meiner ersten Therapie habe ich nichts mehr in meinen Blog geschrieben. Ich brauchte Zeit und Ruhe um so einiges im Kopf zu sortieren.

In den Wochen nach der Diagnose, nach dem ersten Schock, fühlte ich mich, als wäre ich bereits gestorben. Nicht nur die bedrohliche Krankheit, mehr noch das Leben im Krankenhaus – Kontrollverlust, Abwesenheit jeglicher Privatsphäre, Gerüche nach Desinfektionsmitteln und anderen, weit schlimmeren Dingen und noch so einiges mehr, hatten mich in einen Zustand versetzt in dem ich nichts mehr fühlen konnte. Ich befand mich in einer Art äusseren Beobachtungsmodus in dem ich nicht selbst fühlte und erlebte, sondern mich selbst aus einer Position ausserhalb beobachtete. So erduldete ich die erste Phase der Behandlung mit einer großen Gleichgültigkeit.

Erst später während dieser ersten Therapiephase fand ich langsam zu mir selbst zurück, konnte wieder fühlen, wollte nur noch raus und nach Hause. Das Krankenhaus hatte ich in dieser Zeit als einen absolut unerträglichen Ort erlebt, ich war absolut bereit eher innerhalb der nächsten Monate zu sterben als nochmals hierher zurück zu kommen.

Nur aufgrund einer zunächst sehr positiven Prognose entschloss ich mich nach zweieinhalb Wochen Erholung die Therapie doch fortzusetzen. Leider hatte sich zwischenzeitlich die Prognose aufgrund einer, erst später gefundenen weiteren Mutation in den Leukämiezellen verschlechtert. Zu dieser Mutation gibt es keine Daten, sie ist offenbar sehr selten. Da es aber keine zuverlässigen Daten dazu gibt, kann es genauso gut sein, dass die Zellen dadurch wenige widerstandsfähig sind, keiner weiß es.

Ich habe beschlossen, mich davon nun nicht verunsichern zu lassen und die Krankheit zu überleben. In den letzten Wochen hat sich vieles geändert, ich blicke ganz anders auf mein Leben, ich geniesse jetzt sogar die Tage im Krankenhaus, hole mir morgens aus dem Cafe Croissant und Cappuccino, mache lange Spaziergänge, halte mich fit, lerne fleissig italienisch und arbeite nach Möglichkeit auch mehrere Stunden pro Tag.

Drei Tage nach Ende der zweiten Chemotherapie war ich morgens um halb acht zum ersten mal wieder beim Joggen, danach 10 Stockwerke Treppen hoch – war wohl eine Premiere auf der Station. Und weil’s so schön war, am nächsten Tag gleich nochmal, dann kam leider wieder das schlechte Wetter.

Aktuell geht’s mir nun leider nicht ganz so gut. Unser geliebter Kater, Freund und Familienmitglied Marty ist am Sonntag mit nur knapp vier Jahren, vermutlich nach einem Unfall, gestorben. Ich bin so unglaublich traurig über diesen Verlust, dass alles andere dagegen weit in den Hintergrund tritt. Ich weiß, dass der Schmerz irgendwann nachlassen wird, aber mein Zuhause ist nun ein anderes als das, was ich vor drei Wochen für die zweite Therapiephase verlassen habe. Ich vermisse meinen Freund Marty und ich will jetzt so schnell wie möglich nach Hause um mit meiner Familie zusammen dieses schreckliche Ereignis verarbeiten zu können.

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