20.3.2017

Wir kommen morgens um 6 Uhr pünktlich in München an. 19 Stunden im Flieger sind eindeutig zu viel, trotz Zwischenstopp. Nächstes mal mindestens Business Klasse! Die Schlange an der Passkontrolle ist mit weitem Abstand die längste, die wir auf der ganzen Reise gesehen haben. Das war in Australien um Welten besser organisiert – willkommen in Deutschland.

Zum Glück werden wir abgeholt. Papa setzen wir am Bahnhof in München ab, für mich geht´s direkt weiter in die Klinik Großhadern zur Blutabnahme. Auch das klappt schnell, dann kurz Frühstücken, nach Hause unter die Dusche und dann wieder in die Klinik zur Knochenmarkspunktion. Der Gedanke daran hat mich schon die ganze Zeit über belastet. Aber daran muss ich mich jetzt gewöhnen, die Angst vor den Ergebnissen dieser regelmässigen Checks wird mich noch lange begleiten. Die ersten Ergebnisse gibt´s in ein bis zwei Tagen, den genetischen Marker frühestens nächste Woche. Aber die Laborwerte der heutigen Blutabnahme sind schon da: alles ok.

Ab Mittwoch gibt´s dann nochmal eine sogenannte Erhaltungstherapie. Dies ist eine Chemotherapie mit bereits auf 25% reduzierter Dosis und dem Ziel, evtl. im Körper wieder aktiv gewordene Leukämiezellen auch noch abzutöten. In dieser Phase der Therapie gibt es aber keine aussagekräftigen Daten mehr zu deren Nutzen.

Australien – Rückblick

Schon während des Fluges kamen die Bilder der Reise wieder ins Gedächtnis. Wir haben viel gesehen in diesen drei Wochen. Ich bin sehr froh, diese Zeit mit meinem Papa verbracht haben zu können. Wir haben viele Plätze besucht wo er 1960 – 1962 gelebt und gearbeitet hatte und seine Geschichten über Australien sind für mich jetzt viel lebendiger geworden. Natürlich haben wir uns nicht immer so ganz verstanden, dafür sind unsere Vorstellungen vom Reisen doch zu unterschiedlich. Alles in Allem hat´s aber doch ganz gut funktioniert. Ich muss aber sagen, ich mag´s nicht wenn der Beifahrer mitbremst 🙂

Was mich in Australien am meisten genervt hat ist die Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h, oft auch nur 70 oder 90. Das ist einfach nur anstrengend und ermüdend bei diesen langen Strecken. Dazu ständig Schilder die zum langsam Fahren ermahnen – noch langsamer ?! Vielleicht besser gleich schieben?  Ein weitere Punkt den ich eher negativ sehe ist die sehr intensive Videoüberwachung in den Städten und im Nahverkehr. Aber ich muss auch zugeben, es ist dafür alles sehr sauber und man fühlt sich sicher.

 

 

 

seit dem Ende meiner ersten Therapie habe ich nichts mehr in meinen Blog geschrieben. Ich brauchte Zeit und Ruhe um so einiges im Kopf zu sortieren.

In den Wochen nach der Diagnose, nach dem ersten Schock, fühlte ich mich, als wäre ich bereits gestorben. Nicht nur die bedrohliche Krankheit, mehr noch das Leben im Krankenhaus – Kontrollverlust, Abwesenheit jeglicher Privatsphäre, Gerüche nach Desinfektionsmitteln und anderen, weit schlimmeren Dingen und noch so einiges mehr, hatten mich in einen Zustand versetzt in dem ich nichts mehr fühlen konnte. Ich befand mich in einer Art äusseren Beobachtungsmodus in dem ich nicht selbst fühlte und erlebte, sondern mich selbst aus einer Position ausserhalb beobachtete. So erduldete ich die erste Phase der Behandlung mit einer großen Gleichgültigkeit.

Erst später während dieser ersten Therapiephase fand ich langsam zu mir selbst zurück, konnte wieder fühlen, wollte nur noch raus und nach Hause. Das Krankenhaus hatte ich in dieser Zeit als einen absolut unerträglichen Ort erlebt, ich war absolut bereit eher innerhalb der nächsten Monate zu sterben als nochmals hierher zurück zu kommen.

Nur aufgrund einer zunächst sehr positiven Prognose entschloss ich mich nach zweieinhalb Wochen Erholung die Therapie doch fortzusetzen. Leider hatte sich zwischenzeitlich die Prognose aufgrund einer, erst später gefundenen weiteren Mutation in den Leukämiezellen verschlechtert. Zu dieser Mutation gibt es keine Daten, sie ist offenbar sehr selten. Da es aber keine zuverlässigen Daten dazu gibt, kann es genauso gut sein, dass die Zellen dadurch wenige widerstandsfähig sind, keiner weiß es.

Ich habe beschlossen, mich davon nun nicht verunsichern zu lassen und die Krankheit zu überleben. In den letzten Wochen hat sich vieles geändert, ich blicke ganz anders auf mein Leben, ich geniesse jetzt sogar die Tage im Krankenhaus, hole mir morgens aus dem Cafe Croissant und Cappuccino, mache lange Spaziergänge, halte mich fit, lerne fleissig italienisch und arbeite nach Möglichkeit auch mehrere Stunden pro Tag.

Drei Tage nach Ende der zweiten Chemotherapie war ich morgens um halb acht zum ersten mal wieder beim Joggen, danach 10 Stockwerke Treppen hoch – war wohl eine Premiere auf der Station. Und weil’s so schön war, am nächsten Tag gleich nochmal, dann kam leider wieder das schlechte Wetter.

Aktuell geht’s mir nun leider nicht ganz so gut. Unser geliebter Kater, Freund und Familienmitglied Marty ist am Sonntag mit nur knapp vier Jahren, vermutlich nach einem Unfall, gestorben. Ich bin so unglaublich traurig über diesen Verlust, dass alles andere dagegen weit in den Hintergrund tritt. Ich weiß, dass der Schmerz irgendwann nachlassen wird, aber mein Zuhause ist nun ein anderes als das, was ich vor drei Wochen für die zweite Therapiephase verlassen habe. Ich vermisse meinen Freund Marty und ich will jetzt so schnell wie möglich nach Hause um mit meiner Familie zusammen dieses schreckliche Ereignis verarbeiten zu können.

Endlich wieder zu Hause

nach schier endlosen Wochen im Krankenhaus bin ich jetzt erstmal zu Hause. Ich soll mich vor der nächsten Therapiephase erholen, was hier auch wirklich gut gelingt.

Da meine Blutwerte am Freitag noch nicht ganz so waren, wie die Ärzte sich das vorgestellt hätten und auch gelegentlich noch leichtes Fieber mit im Spiel war, sollte meine Entlassung ins lange Pfingstwochenende hinein verschoben werden. Ich fühlte mich aber viel zu gut um noch länger in diesem schrecklichen Krankenzimmer zu bleiben. Zum einen natürlich da mich die Zustände im Krankenhaus in den Wahnsinn trieben, zum anderen wegen der beiden Mitpatientinnen im Dreibettzimmer die über zunehmende Erkältungssymptome klagten. Nun, die Entscheidung zwischen Bleiben und Erkältung plus unabsehbarer Verlängerung des Aufenthalts riskieren und mich gegen ärztlichen Rat zu entlassen, viel mir leicht.
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Nachdem gestern eine Knochenmarkspunktion bei mir durchgeführt wurde gab´s heute die ersten Ergebnisse. Wichtig war dabei auch die genetische Diagnostik der Leukämiezellen.

Hoffnung

Nach den Infos die ich heute bekommen habe, handelt es sich bei mir um eine Mutation im NPM1 Gen. Diese Mutation geht einher mit einer relativ guten Langzeit-Überlebenswahrscheinlichkeit. Die Chemotherapie hat auch gut angeschlagen und meine Ärztin drückte sich so aus: „optimales Blastenclearing“ (Blasten sind die bösen Zellen).

Damit ist die Krankheit natürlich noch nicht ausgestanden, aber ich bin auf einem guten Weg. Als nächstes muss sich nun mein Immunsystem wieder soweit aufbauen, dass es aus eigener Kraft mit Infektionen fertig werden kann. Dies dauert aber mehrere Wochen in denen ich noch sehr anfällig bin und ständig überwacht werden muss.

Also bitte denkt weiter an mich und sendet mir gute Gedanken und positive Energie!

Die nicht ganz so lustige Welt der Bakterien und Pilze

Ein Mensch, dessen Immunsystem praktisch ausgeschaltet ist, bietet einen idealen Siedlungsraum für allerlei Lebensformen. Besonders zu schaffen machen einem dabei Bakterien und Pilze. Sicher könnten auch ein- und vielzellige Parasiten sich die Situation zu Nutzen machen, diese scheinen den Ärzten aber weniger Sorgen zu machen.

Bakterien

Allgegenwärtig, vor allem im Krankenhaus sind natürlich die Bakterien. Sie besiedeln praktisch sofort jede Fläche und dabei bevorzugen sie feuchtwarme Umweltbedingungen. Diese finden Sie natürlich im menschlichen Körper. Glänzt das Immunsystem durch Abwesenheit, bleibt nur die massive Gabe von Antibiotika um dieser Besiedelung Einhalt zu gebieten. Das klappt mal besser und mal schlechter. Da man auch selten weiss, welche Bakterien da am Werk sind, werden die eingesetzten Antibiotika häufig gewechselt – ein Schuss ins Blaue, irgendwas wird man schon treffen.

Pilze

Gegen Pilze, die auch gerne alles besiedeln, sind die eingesetzten Medikamente noch härter. Über die Nebenwirkungen spricht man nicht gerne. Gegen ebenso ein Pilzmedikament erfuhr ich heute zum ersten Mal eine heftige Reaktion. Kaum war die Infusion angehängt wurde mir sehr heiß und es setzte ein Gefühl von Atemnot ein. Nachdem die Infusion dann gleich wieder gestoppt wurde verschwanden auch die Symptome wieder, nur das Hitzegefühl blieb noch einige Zeit.

Dabei ist nichtmal klar ob sich überhaupt Pilze in mir angesiedelt haben, die Behandlung erfolgt also mehr prophylaktisch.

Nach vorläufigem Ende der Chemotherapie erhole ich mich langsam. Auch wenn ich gefühlt ganz gut durch die Therapie kam, also keine ausgeprägte Übelkeit oder andere Nebenwirkungen hatte, braucht mein Körper jetzt ganz viel Ruhe und Erholung.

Am Wochenende blieb ich daher meist im Bett und hörte ein Hörbuch. Heute fühle ich mich dagegen schon wieder merklich besser, laufe zu meinen Untersuchungen, steige etwas Treppen und sitze wieder mehr am Tisch anstatt zu liegen.

Trotz der langsam einsetzenden Erholung liegt mein Immunsystem natürlich weiterhin am Boden und ich muss jederzeit mit Infektionen und Fieber rechnen. Vorbeugend bekomme ich dagegen einen Cocktail aus Antibiotika und Antimykotika, was ich zum Glück bisher ebenfalls recht gut vertrage. Trotzdem kam es schon in zwei Nächten zu Fieber was dann immer gleich zusätzliche Blutabnahmen und Umstellung der Medikation nach sich zog.

Natürlich sind dies dann beunruhigende Situationen, laut Ärzten und Pflegekräften aber unter meiner Therapie völlig normal und zu erwarten.

Wer mich schon länger kennt, weiss, dass ich früher ein ganz großer Fan von Fast Food war. Burger, Tacos, Pizza, Pommes – ja, ich liebte es. Vor einigen Jahren begann ich zusammen mit meiner Familie aber immer bewusster und „gesünder“ zu Essen, auch da wir überzeugt sind, dass zwischen Ernährung und Krankheit bzw. Gesundheit ein enger Zusammenhang besteht.

Da mir die Massentierhaltung und der Umgang mit unseren Mit-Kreaturen ein Graus ist, habe ich weitgehend auf den Genuss von Fleisch verzichtet und kochte zunehmend gerne vegan. Veganismus ist für mich eine sehr positive Art der Lebensführung mit weitreichenden Vorteilen für die eigene Gesundheit als auch für unsere Umwelt. Der weltweit zunehmende Fleischkonsum ist ein sehr ernstzunehmender Faktor bei der globalen Erwärmung; einerseits werden riesige Flächen Regenwald abgeholzt um den steigenden Sojabedarf der Fleischproduktion zu decken, andererseits werden bei der Aufzucht der „Nutztiere“ ungeheure Mengen an Treibhausgasen erzeugt und Unmengen Wasser verbraucht.

Ernährung und Krankheit

Und so dachte ich alles richtig zu machen, für die Umwelt und für meine Gesundheit. Und dann plötzlich diese Diagnose. Natürlich stelle ich mir die Frage nach Zusammenhängen – warum gerade jetzt, ich lebe so gesund wie nie zuvor und genau jetzt erwischt es mich? Was soll das? War alles falsch?

Nein, daran möchte ich nicht glauben. Ich muss akzeptieren, dass ich den Auslöser meiner Leukämie niemals kennen werde. Ich kann es Schicksal oder Zufall nennen, aber ich muss damit umgehen so wie es eben ist.

Ernährung im Krankenhaus

Eine Ernährung wie ich sie mir für meine Heilung vorstelle ist hier nicht zu bekommen. Mein Körper braucht Proteine. Die üblichen Proteinquellen wie Hülsenfrüchte und Soja stehen hier nicht wirklich zur Verfügung. Ein veganes Gericht präsentiert sich hier im Krankenhaus als Haufen zur Unkenntlichkeit verkochten Gemüses, Proteinanteil 0%.

Ich muss mich anpassen. Lasse mir viel Gutes hierher mitbringen und Esse auch in geringen Mengen wieder Fleisch (auch wenn mir frische Falafel viel lieber wären, ist aber nicht praktikabel). Ganz wunderbar schmecken mir im Moment Lassis, die indischen Jogurtdrinks.

Im Moment muss ich meinem Körper geben was er braucht. Dies muss ich unter den hier gebotenen Rahmenbedingungen tun. Dabei stehen im Moment meine Prinzipien ganz klar hinter meiner Gesundheit zurück.

 

Im Zusammenhang mit meiner laufenden Therapie möchte ich heute auf das Thema Blutspenden eingehen. Warum denn Blutspenden, bei Leukämie braucht man doch Stammzellen- oder Knochenmarkspenden? Sicher, auch das ist richtig. Aber bis es zu dazu kommen kann, muss der Patient erstmal eine Phase heftiger Chemotherapie durchlaufen, mit dem Ziel die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) weitgehend zu eliminieren. Dieser Prozess beeinträchtigt massiv die gesamte Blutbildung. Ohne Spendenblut, vor allem in Form von Blutplättchen und „rotem Blut“ wäre diese Therapie nicht durchführbar.

Vor meiner Behandlung dachte ich, Spendenblut würde vor allem in Operationen und natürlich nach Unfällen benötigt, dass Blutspenden auch im Bereich der Chemotherapie so wichtig sind, war mir nicht bewusst.

Also denkt bitte alle mal wieder über eine Blutspende nach! Tut nicht weh, dauert nicht lange und ist vielen Menschen eine große Hilfe!

Heute bekomme ich die letzte Dosis der Chemotherapie. Leider hatte ich die Therapie in den letzten beiden Tagen nicht so gut vertragen, was natürlich auch daran liegt, dass ich im Moment über praktisch kein Immunsystem verfüge. Eine schlaflose Nacht mit Fieber hatte mich dann ganz schön mitgenommen und für einen weiteren Tag konnte ich das Bett nicht verlassen.

Heute geht´s mir schon wieder deutlich besser.

So eine Chemotherapie ist wirklich etwas ganz Brutales. Der Körper wird mit einem Gift geflutet, welches sich schnell teilende Zellen stärker angreift als andere Zeltformen. Nun teilen sich aber nicht nur Krebszellen schnell, auch andere Zelttypen im Körper wie Schleimhautzellen, werden massiv angegriffen und sterben ab. Dadurch entstehen dann häufig unangenehme Folgeerkrankungen.

Wie der Bergriff Chemotherapie auch andeutet, wird hier eine relativ einfache Chemikalie eingesetzt. Diese Art der Therapie ist leider in vielen Fällen das Beste was unsere Medizin zu bieten hat. Wir sind hier noch weit entfernt von gezielten Angriffen auf Tumorzellen und individuell angepassten Heilverfahren.

Die medizinische Forschung geht hier sicherlich in die richtige Richtung. Ob und wann hier mit deutlichen Fortschritten zu rechnen ist kann ich leider nicht einschätzen.

Ausserdem muss ich mich wohl auf die aktuell verfügbaren Therapien verlassen.

Nach einigen Tagen im stickigen Krankenzimmer kann man schon fast den Duft der frischen Luft vergessen. Umso schöner, wenn sich dann die Lungen mit einem tiefen Atemzug davon füllen!

Ich bekomme seit heute die zweite Phase der Chemotherapie, fühle mich aber bisher noch so gut, dass ich am Nachmittag einen längeren Spaziergang im Park unternommen habe.

Natürlich muss ich mit meinem stark geschädigten Immunsystem aufpassen mir keine Infektion einzufangen, aber ich glaube was Keimarmut angeht, hat der Park gegenüber dem Krankenzimmer die Nase ganz weit vorn.

Auch heute habe ich wieder viele Nachrichten über die verschiedenen Kanäle bekommen; es hilft mir wirklich sehr zu wissen, wie viele Liebe Menschen an mich denken. Danke!